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18
Selfie

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18 Heiris Arbeitshemd


Heiri war 18, als er das Hemd von seiner Grossmutter geschenkt bekam. Das muss an Weihnachten1908 gewesen sein. Grossdädi sei ja schon ein paar Jahre tot und trage ein anderes Hemd, dort, wo er jetzt sei. Sie strich mit den Fingern über den weichen, gelblich verfärbten Barchetstoff, als würde sie ihrem geliebten Josef über die starken Arme fahren.

„Er hat es oft getragen, Sommer und Winter, und konnte kaum warten, bis er es wieder anziehen durfte, wenn ich es einmal waschen oder flicken musste. Du hast ja die Statur von deinem Grossvater.“

Heiri bedankte sich, zog das Hemd am kragenlosen Oberteil zu seiner Brust und mass die Schulterbreite.

„Passt genau!“ stellte er in seiner trockenen Art fest. Mehr Begeisterung konnte man von ihm nicht erwarten. Das Hemd reichte ihm bis zu den Knien, genau so, wie es sein musste, damit es im Sommer den Schweiss in der Hose aufsaugte und im Winter eine zusätzliche Isolationsschicht über die Unterhose legte, gegen die Kälte. So trug er sein Hemd 40 Jahre lang, bis er es seinem Enkel zum 18. Geburtstag schenkte. „Passt genau!“ sagte der Enkel in der gleich trockenen Art.

 

 

Objet :

Männerarbeitshemd, bestehend fast nur aus Flicken, erste Hälfte des 20. Jh., Inv. Nr. Ta 0248

 

Lieu :
Historisches Museum Obwalden, Sarnen

 

à propos de nous:
Tony 70


Tony Ettlin, 70, in Stans aufgewachsen, lebt in Uitikon, schreibt Geschichten.

 

Geschichte in Originallänge (PDF)

 

www.tim-tam.ch / www.mi-s.ch | 18 Heiris Arbeitshemd, Historisches Museum Obwalden, Sarnen