musee imaginaiere suisse
Objektbild
Selfie

< d’autres histoires >

Jaggi der Dorftrottel


Er kommt mir bekannt vor. Er hiess Jaggi und war der Dorftrottel. Wir Kinder liefen hinter ihm her, wenn er aus der Dorfbeiz kam und schwankend durch die Gasse trottete, um im Waisenhaus seinen Rausch auszuschlafen. Wir wagten uns nie nah an ihn heran. Aus sicherer Distanz machten wir seinen hinkenden Gang nach und johlten: „Jaggi, Joggi, gib mer Schoggi!“ Er fluchte und schlug mit seinen Armen um sich, als wollte er lästige Fliegen verscheuchen. Wenn er stehenblieb verstummten wir, bereit davon zu rennen. Wir wussten, dass er uns niemals erwischen würde. Die Erwachsenen behandelten Jaggi mit einer Mischung von Verachtung und Mitleid. Sie fürchteten sich vor seinen lallenden Reden, in denen er alles aussprach, was niemand hören wollte. Er zeigte ihnen im Spiegel ihr Gesicht, das nicht besser aussah als seine eigene Fratze. Eines Nachts fand man ihn tot im Dorfbach. War er in der Dunkelheit gestürzt oder hatte sich einer gerächt, den er blossgestellt hatte?

 

 

Objet :

Wasserspeier aus Ton, HMO S 0031 im Historischen Museum Sarnen

 

Lieu :
Historisches Museum Obwalden, Sarnen

 

à propos de nous:
Tony Ettlin, 70


Tony Ettlin, in Stans aufgewachsen lebt heute in Uitikon-Waldegg, schreibt Geschichten

 

www.tim-tam.ch / www.mi-s.ch | Jaggi der Dorftrottel, Historisches Museum Obwalden, Sarnen